Finanzkrise – Hintergründe, Fakten und Ratschläge

Die Krise in Griechenland (letzte 10 Jahre)

Die Krise in Griechenland und die damit einhergehenden Verwerfungen in der Europäischen Währungsunion beschäftigen zumindest seit dem Jahr 2010 die Massenmedien. Gerade in den vergangenen Monaten nahmen die Bilder von Protesten aus Athen und anderen griechischen Städten, aber auch von Gipfeln und anderen Treffen europäischer Spitzenpolitiker einen breiten Raum in den Medien ein.

Doch wie kam es überhaupt zu jener Krise in Griechenland, wo stehen das Land und die Europäische Union jetzt und welche Möglichkeiten gibt es, um den aktuellen Status quo mit möglichst geringem Schaden hinter sich zu lassen?

Die Entstehung der Krise

Spätestens nachdem Griechenland im Jahre 2001 der Eurozone beigetreten ist, mehrten sich die Stimmen, nach denen Griechenland die Beitrittsbedingungen faktisch nicht erfüllt hatte und mit geschönten Zahlen operierte. Im Jahre 2004 wies EuroStat, das europäische Amt für Statistik, in einem Report die fehlerhafte Anlieferung und Auswertung von Zahlen nach.

In einer entsprechenden Neuberechnung lagen vor allem die Angaben zum griechischen Haushaltsdefizit in den Jahren 1997 bis 2000 zum Teil deutlich über dem Konvergenzkriterium von 3% des Bruttoinlandsproduktes, was ein Scheitern des Beitritts und eine Nichteinführung des Euro als Währung bedeutet hätte. Ein Verfahren gegen den griechischen Staat wurde eingestellt; allerdings kam es in späteren Jahren zu erneuten Verfälschungen und Anpassungen der nach Brüssel gemeldeten Zahlen.

Ursachen für die Haushaltsschieflage waren unter anderem jahrelange Einnahmeausfälle durch in der Schattenwirtschaft erbrachte Leistungen und eine ineffiziente Verfolgung von Steuerhinterziehung, aber auch fragwürdige Ausgaben durch sogenannte Phantomrentenzahlungen (Rentenauszahlungen an bereits verstorbene Personen), einen aufgeblähten Beamten- und Militärapparat verbunden mit exorbitanten Erhöhungen der Bezüge und einer insgesamt ausufernden Wirtschaftspolitik. Kurz: Der griechische Staat hatte über seine Verhältnisse gelebt und mit einer zweifelhaften Politik darauf reagiert.

Im Oktober 2009 erklärte der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou, dass sich seine Regierung außerstande sehe, das im April 2009 gegebene Versprechen bezüglich einer Rückführung des Haushaltsdefizits auf 3,7% einzuhalten und sprach von Werten um die 12%. Die Gefahr eines Staatsbankrotts hing zu diesem Zeitpunkt wie ein Damoklesschwert über den Hellenen, weshalb die Staats-und Regierungschefs der Euro-Staaten im März 2010 entschieden, Griechenland finanziell zu unterstützen.

Von der Intervention Europas bis heute

Von den Forderungen der Eurostaaten in der Finanzkrise angetrieben, legte Griechenland insgesamt fünf Sparpakete auf und initiierte verschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung von Schattenwirtschaft und Steuerhinterziehung mit unterschiedlichem Erfolg. Durch radikale Einschnitte im privaten Sektor, im Bildungsbereich oder bei den Renten wurden massive Proteste im Land ausgelöst, gerade da auf der anderen Seite Resorts wie die Landesverteidigung recht glimpflich davon kamen. Die Sparanstrengungen waren allerdings Voraussetzung für finanzielle Hilfen der Bündnispartner in der Finanzkrise Griechenlands.

Diese Hilfen wurden im Rahmen der sogenannten Rettungspakete geleistet, welche aufgrund der Regelungen der Europäischen Wirtschafts-und Währungsunion höchst umstritten waren: Durch die sogenannte Nichtbeistands-Klausel sei eine automatische Haftung für Schulden anderer Mitgliedsstaaten ausgeschlossen. Die aktuelle Auslegung der Geberländer war allerdings jene, dass die entsprechenden Regelungen für freiwillige Hilfen und Schuldenübernahmen nicht gelten.

Die Hilfen und Geldzuflüsse für Griechenland in der Krise speisen und speisten sich aus unterschiedlichsten Quellen. Nach Angaben der EU-Kommission im April 2012 erhielt Griechenland während der Krise vom Ausland insgesamt Hilfen in Höhe von 380 Mrd. Euro in Form von Beihilfen, Krediten und Schuldenerlass durch private Gläubiger. Der Betrag entspräche 177 % des Bruttoinlandsprodukts oder 33.600 Euro je Einwohner.

Die Situation gerade der mittleren und unteren Einkommensschichten in Griechenland hat sich seit dem Jahr 2011 dramatisch entwickelt. Griechenland hat verschiedenen Quellen zufolge bis heute zwischen 15% und 20% seiner Wirtschaftskraft verloren, rund ein Viertel der als arbeitsfähig Gemeldeten ist ohne Beschäftigung. Durch Schieflagen im medizinischen Sektor ist die Versorgung chronisch Kranker und mitunter auch Notfällen aus finanziellen Gründen nicht mehr komplett sichergestellt.

Quo vadis Griechenland?

Nach Meinung der meisten Experten würde eine Staatsinsolvenz die Finanzwirtschaft und die weiteren Mitgliedsstaaten des Euroraumes in eine noch größere Finanzkrise stürzen und eine große Gefahr für die Gemeinschaftswährung Euro darstellen. Vom Schuldenschnitt und den damit verbundenen Finanzhilfen verspricht man sich dagegen die geringsten Kollateralschäden. Im Falle einer kompletten Zahlungsunfähigkeit Athens würden sowohl staatliche als auch nichtstaatliche Geldgeber (inklusive Deutschland) mit Milliardenbeträgen belastet, die Folgen wären nicht absehbar.

Ein Austritt Griechenlands aus dem Euro hätte einen Banken-Run zur Folge, also ein panikartiges Abheben der Euro-Geldbestände griechischer Kunden bei inländischen Banken. Die Folge wäre ein kompletter Zusammenbruch des griechischen Bankensystems binnen weniger Tage. Da genau dieses Bankensystem nicht isoliert betrachtet werden kann, wäre die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch Finanzinstitute außerhalb Griechenlands betroffen wären – ebenfalls wieder mit verheerenden Folgen für Europa und den Euro. Auch aus sozialen Gesichtspunkten wären die Auswirkungen auf nationaler Ebene wohl verheerend. Als Folge der durch den Austritt Griechenlands ausgelösten komplexen Geschehnisse wäre es unwahrscheinlich, dass die Griechen ihren Verpflichtungen zu Zahlung von zum Beispiel Renten, Pensionen und Beamtengehältern nachkommen könnten – das Land würde im Chaos versinken.

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